Digitale Gesundheit neu gedacht

Die Gesundheitswirtschaft zählt in Deutschland zu den am wenigsten digitalisierten Branchen. Der weltweite Ausbruch des Coronavirus zeigt jedoch wie wichtig es ist, Digitalisierung auch in Bezug auf Gesundheit neu zu denken. Neben der Versorgung des Gesundheitssystems mit medizinischer Ausrüstung und Schutzkleidung, spielen das Sammeln, Austauschen und Auswerten von medizinischen Daten eine entscheidende Rolle.

von Klaus Mueller

Um eine Ausbreitung der Pandemie zu verlangsamen und Kontaktbeschränkungen aufzuheben, ist es essentiell, die Anzahl der Infektionen valide zu erfassen. Die Hauptaufgabe besteht derzeit aber darin das Gesundheitssystem nicht zu überlasten. Kliniken haben mit Hochdruck daran gearbeitet, ihre Kapazitäten für Intensivpatienten auszubauen. Lange Zeit war allerdings noch unklar, auf wie viele Intensivpatienten sich ein Krankenhaus einstellen muss. Schließlich ist ein flächendeckender Datenaustausch derzeit nicht möglich. 60 Prozent aller deutschen Krankenhäuser beteiligen sich bereits an einer Online-Plattform zur Verfügbarkeit von Intensivbetten, um eine gesunde Verteilung der Patienten zu gewährleisten.
 
“Die Digitalisierung hat das Potenzial, das Gesundheitswesen vollkommen zu revolutionieren. Dafür sollten die Akteure in der Healthcare-Branche den Patienten in den Mittelpunkt aller Digitalisierungsprozesse stellen und auf das veränderte Informationsbedürfnis reagieren. Insbesondere gilt es, das Angebot und Design digitaler Produkte und Dienstleistungen anzupassen, sowie digitale Touchpoints für Patienten zu gestalten,” so Sascha Keys, Director Healthcare & Life Science.

Innovative Technologie zur Kontaktverfolgung

Die Regierung in Singapur hat mit der TraceTogether Appgezeigt, wie Digitalisierung und das Nutzen von Apps, sowie der Austausch von Daten, Leben retten kann. "Jeder Einzelne könnte helfen, indem er die App herunterlädt", sagte der CSU-Politiker Michael Kuffer im Spiegel Interview. Die App tauscht dabei Bluetooth-Signale über kurze Entfernungen zwischen Telefonen aus, um andere teilnehmende TraceTogether-Benutzer in unmittelbarer Nähe zu erkennen. Diese Begegnungen werden lokal auf dem Telefon jedes Benutzers verschlüsselt aufgezeichnet. Dies erleichtert den Kontaktverfolgungsprozess und ermöglicht es, enge Kontakte zu COVID-19-Fällen schneller zu identifizieren.

TraceTogether sammelt oder verwendet keine Standortdaten jeglicher Art und greift nicht auf die Telefonkontaktliste oder das Adressbuch eines Benutzers zu. Es werden nur Bluetooth-Daten zum Herstellen eines Kontakts verwendet und keine Informationen darüber gespeichert, wo der Kontakt stattgefunden hat. Falls bestätigt wird, dass eine Person mit dem Virus infiziert wurde, fordert die Regierung sie auf, die Daten hochzuladen, um die Kontaktverfolgung ihrer engen Kontakte zu erleichtern. Wenn ein Benutzer nicht in engen Kontakt mit einem COVID-19-Fall kommt, werden TraceTogether-Daten, die älter als 21 Tage sind, automatisch gelöscht.

Auch die Bundesregierung hat sich positiv über den Einsatz der App gezeigt. Aktuell suche man gemeinsam mit dem Robert Koch-Institut (RKI) nach einer Lösung, sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer. Sie betonte, diese App könnte grenzüberschreitend in Europa funktionieren. Das aktuelle Beispiel zeigt, wie neue Innovationen entstehen, um digitale Gesundheitskonzepte anzupassen oder sogar zu revolutionieren. Dabei wird sich das Nutzungs- und Informationsverhalten von Patienten, aber auch von Healthcare Professionals, nachhaltig verändern.

Patientenzentriertes Denken und technische Expertise vereinfachen

Besonders im Gesundheitsbereich suchen Nutzer gezielt nach Antworten auf ihre Fragen und erwarten qualitativ hochwertige, sowie werbefreie Informationen. Doch die Anforderungen unterscheiden sich hier: Während Laien nach Informationen zum Krankheitsbild, Symptomen und Tipps suchen, wünschen Ärzte und Apotheker aussagekräftige Studien und Informationen zum Gesundheitsprodukt oder innovative Behandlungsmethoden. Zunächst müssen daher die Bedürfnisse der Zielgruppe genau erkannt und analysiert werden. Nur so kann der Nutzen solcher Technologien glaubhaft und zielgruppengerecht ausgerichtet werden. Ein erster Schritt sind Workshops, Zielgruppenanalysen und Interviews mit den entsprechenden Stakeholdern.

Für die Gestaltung des Gesundheitswesens muss es insbesondere gelingen, diese Datenschätze konsequenter zu erschließen. Gleichzeitig unterliegt die Pharma- und Gesundheitsbranche strengen Gesetzen und Verordnungen – was die Entwicklung neuer Technologien nicht vereinfacht. “Hierbei ist tiefgreifendes regulatorisches und kommunikatives Know-How erforderlich,” so Klaus Mueller, Geschäftsführer der TWT Digital Health. “Ganz besonders für Software-Anwendungen als Medizinprodukt haben wir unseren Business Continuity Plan um spezifische Maßnahmen im Rahmen der Corona-Pandemie erweitert. Es muss unser aller Ziel sein, digitale Potenziale zu nutzen, um gemeinsam und schnellstens neue Technologien zu entwickeln.”

Dieser Artikel erschien zuerst auf twt.de: www.twt.de/news/detail/digitale-gesundheit-muss-neu-gedacht-werden.html