XR-Medizinprodukte und ihre regulatorischen Anforderungen

Der Einsatz von XR-Software in der Gesundheitsversorgung ist ein spannender und noch junger Ansatz bei der Unterstützung der Diagnostik und Durchführung der Therapie. Welche Anforderungen werden an XR-Medizinprodukte gestellt und wann eignen sich diese als verschreibbare Leistung (DiGA)?

Klaus Mueller von Klaus Mueller

Dabei steht XR für die verschiedenen visuellen Umsetzungen AR (Augmented Reality), VR (Virtual Reality) und MR (Mixed Reality), bei denen virtuelle dreidimensionale Räume dargestellt oder Abbildungen der Realität von virtuellen dreidimensionalen Objekten umgesetzt werden. Die Technik wird heute schon in verschiedenen Fachbereichen eingesetzt, unter anderem bei der Behandlung von Angststörungen oder Suchterkrankungen in der Psychotherapie, bei der Planung von chirurgischen Eingriffen, bei der Simulation von chirurgischen Eingriffen in das Gehirn innerhalb der Neurochirurgie oder beim Training von medizinischem Fachpersonal.

Unseren Beitrag über die Anforderungen an XR-Medizinprodukte und die Frage, wann sich diese als DiGA eignen, finden Sie auch in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins "PM-Report".

XR-Technologie als verschreibbare Leistung (DiGA)

Seit diesem Jahr besteht die Möglichkeit, dass dem XR-Ansatz in Deutschland eine ganz besondere Beachtung zuteil wird. Denn in einigen Einsatzbereichen stellt sie eine einzigartige Form dar, bei der die Software nicht nur die Therapie unterstützt, sondern vergleichbar einem Arzneimittel selber die Therapie ist. So kann z. B. die Höhenangst mit Hilfe von VR-Technologie behandelt werden, bei der sich die Patienten über eine visuelle Benutzerschnittstelle in dreidimensionalen Räumen bewegen und ohne reale Gefahr an Höhen und Abgründe gewöhnt werden. In dieser Form eingesetzt eignen sich XR-Produkte ganz besonders für die Zulassung als verschreibbare digitale Leistung, der sogenannten DiGA, denn sie sind in gewisser Weise ein softwaregebundener Wirkstoff oder ein digitales Medikament.

Besondere Benutzerschnittstelle

Doch so neu und innovativ dieser Ansatz erscheint, sind Produkte auf Basis von XR-Technologie doch recht traditionelle Computerprogramme. Sie bereiten dem Hersteller von Medizinprodukten nicht annähernd so viele regulatorische Kopfschmerzen, wie z. B. maschinell lernende Software. Der Unterschied zur klassischen Medical Device Software (MDSW), wie z. B. für die Bildverarbeitung von radiologischen Befunden, die Steuerung von Medizingeräten oder die Berechnung von Arzneimitteldosierungen, ist die besondere Benutzerschnittstelle. Sie vermittelt nicht nur die Mensch-Maschinen-Interaktion, sondern kann direkter Teil der Therapie sein. Und genau hier wird es aus Sicht der grundlegenden Anforderungen an ein Medizinprodukt und damit auch an eine verschreibungsfähige DiGA interessant. Ganz allgemein wird gefordert, dass die Produkte sicher und wirksam sein sollen und weder den klinischen Zustand und die Sicherheit der Patienten noch die Sicherheit und die Gesundheit der Anwender oder gegebenenfalls Dritter gefährden sollen. Hierfür sind Maßnahmen zu ergreifen, die das Risiko einer Schädigung auf ein akzeptables Maß verringern.

Regelkonformer Einsatz

Dabei müssen Risiken im Zusammenhang mit der Anwendung des Produkts gemessen am Nutzen für den Patienten vertretbar und mit einem hohen Maß an Gesundheitsschutz und Sicherheit vereinbar sein. Das Erkennen von Gefährdungen und die Beherrschung von Risiken ist hierbei der springende Punkt, wenn es um den MDR-konformen Einsatz dieser neuen Benutzerschnittstelle geht. Die besondere Herausforderung liegt im Risikomanagement, in der genauen Kenntnis über den Nutzungskontext und in der Gebrauchstauglichkeit (Usability) der Benutzerschnittstelle. Im Gegensatz zur KI (Künstlichen Intelligenz), die für uns eine schwer beherrschbare Blackbox darstellt, genügen bei XR-Produkte die systematische Durchführung eines Risikomanagements entsprechend der ISO 14971, die profunde Erfassung des Nutzungskontextes und die Feststellung von gefährdungsbezogenen Benutzungsszenarien entsprechend der IEC 62366, das handwerklich korrekte Bauen des Produkts entsprechend der IEC 62304 und die Sicherung der Qualität mit Hilfe eines Qualitätsmanagementsystems entsprechend der ISO 13485. Alles altbekannte und langjährige Vertraute der Medizinprodukte-Hersteller.

Gerne unterstützen wir Sie auf Ihrem Weg zum konformen Medizinprodukt und bei Bedarf zur Erstattung (DiGA) – ob mit oder ohne XR-Technologie. Sprechen Sie uns an!

PM-Report Ausgabe 10/20 vom 15. Oktober 2020 – zum Artikel